Multifunktionale Schutzrelais

Potenziale erschließen, Ressourcen schonen

Bild 4 | Beispiel für den Einsatz des Ekip UP als Schnittstellenschutzsystem
Bild 4 | Beispiel für den Einsatz des Ekip UP als SchnittstellenschutzsystemBild: ABB Stotz-Kontakt GmbH

Einsatz als Differential- und Erdschlussschutz

In Solarparks mit durch Sicherungen geschützten String-Wechselrichtern ist die aus der Umspannstation kommende Niederspannungseinspeisung nicht mit Leistungsschaltern ausgestattet. Auf diese Weise wird eine ökonomische Lösung gewährleistet. Es werden nur im Bedarfsfall Leistungsschalter installiert, z.B. zur Isolierung während einer Transformator-Wartung. Zum Schutz der Leitung sollten Differential- und Erdschlussschutz-Relais (REF) vorgesehen werden. Diese erkennen Erdschlüsse und können sie mit Hilfe des vorgeschalteten Leistungsschalters auf der Mittelspannungsseite trennen. In den Versionen Protect+ oder Control+ misst das Ekip UP den Durchgangsstrom im Kern des geerdeten Mittelspannungs-/Niederspannungstransformators mit einem homopolaren Ringkernwandler. Basierend auf dem Gext-Parameter sendet es dann den Trennbefehl an den Mittelspannungsschalter. Dieses Signal kann über einen verdrahteten Ausgang des Ekip Signalling Moduls und/oder per Kommunikationsprotokoll übertragen werden, zum Beispiel als GOOSE IEC 61850-Meldungen an das Mittelspannungsrelais. Der Einsatz von Ekip UP als Differential- und Erdschlussschutz-Relais bietet eine ganze Reihe von Vorteilen: Ekip UP misst nicht nur den Strom im Sternpunkt des Transformators, sondern unter Verwendung der eigenen Rogowski-Sensoren auch die Ströme der Versorgungsleitung. Auf diese Weise lassen sich sowohl selektive als auch nicht selektive Erdschlüsse erkennen. Mögliche Trennsysteme können somit genutzt werden, um die Kontinuität des Mittelspannungsbetriebs zu verbessern. Zudem sind in die digitale Einheit diverse Ethernet-basierte Protokolle integriert. Damit lassen sich Informationen über Schutzmaßnahmen und Alarme an die Überwachungssysteme der Solaranlage senden, ohne dass Signalkonverter erforderlich sind. Das Relais kann die Energiequalität überwachen. Insbesondere erkennt es Oberwellenanteile, die sich aus Störungen durch String-Wechselrichter ergeben. Es zeigt diese oberhalb der voreingestellten Schwellenwerte an, ohne dass andere Geräte wie Multimeter oder eine SPS benötigt werden. In Systemen mit 800V Nennspannung arbeitet es zudem mit einem Spannungswandler.

Einsatz als Monitoring-System

Die Überwachung der Energie aus erneuerbaren Quellen spielt eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, die wirtschaftliche Rentabilität der jeweiligen Investition zu bewerten. Lokale Monitoring-Systeme kommen üblicherweise in großen Solarparks zum Einsatz. Bei dezentraler Erzeugung, beispielsweise Aufdach-Solaranlagen oder Kleinwasserkraftwerken, werden sie seltener verwendet. Ekip UP als Teil der ABB Ability-Architektur ermöglicht die direkte Anbindung seiner Daten an Remote-Energiemanagementsysteme. Das Schutzrelais sendet seine 3.000 gemessenen Energiedatenpunkte über neun Kommunikationsprotokolle (plus redundante) direkt nutzbar an lokale Systeme sowie an die Cloud-basierte ABB Ability EDCS-Plattform, sodass ein Plug-and-Play-Monitoring implementiert wird. In Solaranlagen wird die Digitaleinheit üblicherweise auf der allgemeinen Anlagenebene angeordnet. Sie sammelt Informationen über Stromwerte und den Status von bis zu 96 String-Combinern über CMS700-Schnittstellen und Ekip Signalling Modbus TCP. Damit lässt sich eine sofortige Cloud-Architektur realisieren. Da die gesamte Funktionalität in das Relais integriert ist, sind externe Gateways sowie entsprechende Verdrahtungen und Konfigurationen nicht mehr erforderlich.

Einsatz zur RückleistungsSteuerung

In einigen Ländern, beispielsweise den Vereinigten Arabischen Emiraten, ist eine Rückspeisung aus dem Niederspannungsnetz unzulässig. In Deutschland wird dies hingegen durch die Anwendungsregeln VDE-AR-N 4100 und VDE-AR-N 4105 geregelt. Wenn in solchen Ländern also die Anlage mehr Solarstrom erzeugt als die Last verbraucht, muss die Stromerzeugung gedrosselt werden, um Strafzahlungen zu vermeiden. Verteilnetze sind in der Tat oft nicht für die Aufnahme von Leistung aus dezentralen aktiven Quellen geeignet. Ekip UP Protect, Protect+ oder Control+ integrieren den Rückleistungsalarm (RP) und die Lastabwurflogik, mit denen dieses Problem vermieden werden kann. Sobald Sensoren an der Schnittstelle des Verteilnetzes ein Rückleistungsereignis erkennen, kann das Ekip UP über seinen verdrahteten Ausgang, der auf das Ereignis „RP-Alarm“ am Statuseingang 4 programmiert ist, die Trennung der als aktive Lasten betrachteten Erzeugungseinheiten aktivieren. Oft handelt es sich bei diesen Erzeugungseinheiten um PV-String-Wechselrichter, die vom Ekip UP beispielsweise über motorisierte Leistungsschalter oder Schütze gesteuert werden. Wenn möglich, erfolgt die Steuerung auch über eine relative digitale Schnittstelle, die an Ekip Signalling Module wie das Ekip 10k aus der Ekip UP-Reihe angebunden ist. Ist das Versorgungsnetz wieder aufnahmebereit, wird der Alarm beendet und die Wechselrichter werden wieder der Reihe nach mit einer konfigurierbaren Verzögerung aufgeschaltet. Im Ekip UP ist bereits eine von ABB programmierte und gemeinsam mit dem Rückleistungsereignis getestete Lastabwurflogik integriert. Folglich muss diese nicht mehr extern in der SPS eingerichtet werden, was eine deutlich geradlinigere Implementierung erlaubt. Mit einer einzigen Einheit verringern sich zugleich die Anzahl der Komponenten in der Verteilung, die Komplexität der Verdrahtung und damit auch die Wahrscheinlichkeit von Fehlern. Die Logik ist so definiert, dass Strafen unter kritischen Bedingungen vermieden werden. Wenn der Lastabwurf über Schütze ausgelöst wird, sind Rückmeldungen möglich.

Einsatz zur Leistungssteuerung von Lasten

Über einen eigens entwickelten Algorithmus („Power Controller“) können Ekip UP Control oder Control+ auch die von den Lasten aufgenommene Leistung verwalten. In einem Microgrid mit Akkusystemen (Batterien) werden alle wichtigen Versorgungseinrichtungen überwacht. Das Scada-System nutzt das Kommunikationsprotokoll, um gemäß der Selbstverbrauchsoptimierung festzulegen, welche Leistung vom Netz zu trennen ist. Das Ekip UP wird an der Schnittstelle zum Verteilnetz angeordnet und wirkt mit seinen Ein-/Ausgängen über die entsprechenden motorbetriebenen Schalter oder Schütze so auf die Last, dass die durchschnittliche Leistung in einem festgelegten Zeitfenster unterhalb der per Scada festgelegten Leistung bleibt. Der patentierte Ekip UP Algorithmus, der die von den Lasten aufgenommene Leistung verwaltet, erlaubt die Aktivierung der Energieeffizienzlogik ohne jegliche Programmierung. Auf diese Weise ist nur die Definition von Parametern für die Einstellungen erforderlich. Die Einheit verfügt über Protokolle für die bidirektionale Schnittstelle zu Scada-Systemen, ohne dass zusätzliche Konverter benötigt werden. Der Power Controller kann auch in Demand-Response-Programmen eingesetzt werden und verbessert dort die relative Rentabilität für Anlagenbetreiber.

Fazit

In den letzten zehn Jahren wurden weltweit mehr als 50 Millionen offene Leistungsschalter und 300 Millionen Kompaktleistungsschalter aller Marken installiert, die weder über fortschrittliche Funktionen zur Überwachung noch über Ressourcenoptimierung verfügen. Es besteht daher ein großes Potenzial für eine Technologieerweiterung in bestehenden Anlagen, wobei jedoch große Auswirkungen auf Investitionen wie den Gerätetausch vermieden werden müssen. Eine multifunktionale, flexibel einsetzbare Einheit wie Ekip UP kann hier große Potenziale erschließen und Ressourcen schonen.

new.abb.com

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