Direkter Zugriff auf Datenblätter, Handbücher, Geo-Daten und Normen

Mit dem digitalen Logbuch zur Visite

Die Schaltanlage ist ganz klar das Herzstück der Niederspannungsverteilung - laufen doch hier die Lebensadern der gesamten Anlage zusammen. Entsprechend im Fokus steht ihr Gesundheitszustand. So ist denn auch der regelmäßige Check-Up in allen Wartungsplänen vermerkt. Alles in Ordnung also? Kein Handlungsbedarf? Doch, denn es geht besser.
Bild: Schneider Electric GmbH

Ob der halbjährliche Besuch beim Zahnarzt, die Hauptuntersuchung fürs Auto alle zwei Jahre oder die vom Hersteller empfohlene Wartung von Komponenten in der Niederspannungsanlage – diese Überprüfungen eint, dass sie kalendarisch terminiert sind und routinemäßig anhand von Checklisten durchgeführt werden. Auch wenn der Arztbesuch keine Wartung ist, dient er doch dem Zweck der vorsorglichen Kontrolle aller Funktionalitäten. Bei elektrischen Anlagen reden wir in diesem Fall von präventiver Wartung. Im Vergleich zu zustandsbasierter Wartung zeichnet sie sich durch niedrige Einführungskosten aus und erfordert kein spezielles Expertenwissen. Sie ist einerseits das Brot-und-Butter-Geschäft vieler Elektro-Fachbetriebe, gleichzeitig aber auch der Schwarze Peter unter den Dienstleistungen. Denn, so ergaben Kundebefragungen von Schneider Electric, gut 30 Prozent der zu Projektbeginn erstellten Daten sind am Ende nicht mehr auffindbar, veraltet oder in nicht nachvollziehbarerer Art und Weise je nach Gusto des jeweiligen Planers oder Systemintegrators dokumentiert. So wird aus einer potenziell attraktiven Dienstleistung schnell der ungeliebte Auftrag, der Zeit und Personal bindet und schlimmstenfalls nicht einmal kostendeckend durchgeführt werden kann. Wie kann nun aus dem einfachen Brot-und-Butter-Geschäft ein für den Schaltanlagenbauer neues Geschäftsmodell werden, das gleichermaßen für den Kunden einen echten und vor allem nachhaltigen Mehrwert darstellt?

Bild 2 | Mit der EcoStruxure Facility Expert App muss das Servicepersonal nur noch den QR-Code einscannen, um auf alle Unterlagen zugreifen und Anlagendetails austauschen zu können.
Mit der EcoStruxure Facility Expert App muss das Servicepersonal nur noch den QR-Code einscannen, um auf alle Unterlagen zugreifen und Anlagendetails austauschen zu können. – Bild: Schneider Electric GmbH

Perspektivwechsel lohnt sich

Wie so oft, deutet ein Perspektivwechsel die Antwort schon an. Wenn Anlagenbetreiber oder Schaltschrankbauer einen Schritt zurücktreten und sich vom Fokus auf die einzelnen zu wartenden Komponenten lösen, wird schnell deutlich, dass das Ganze mehr ist als die Summe seiner Teile. Will heißen, die Energieverteilung, der Schaltschrank und seine Komponenten stellen ein Gesamtwerk dar, dessen Komplexität vor allem in der Unterschiedlichkeit ihrer Wartungsansprüche und der damit verbundenen immensen Dokumentation liegt. Diese erstreckt sich von der Planung über die Fertigungs- und Betriebsphase bis hin zum Recyclingprozess. Und bei jeder Phase sind andere Akteure mit eigenen Schriftstücken beteiligt. Während der Planer in der Auslegung Einlinien-Diagramme und Schutzeinstellungen definiert, kommen während der Installation und der Inbetriebnahme CAD-Zeichnungen, Handbücher, Stücklisten, Seriennummern und Netzwerk-Konfigurationen hinzu – um nur einige zu nennen. Spätestens ab Betriebszeitpunkt spielen auch Wartungspläne und -handbücher, Ersatzteillisten oder Garantiepolicen eine zentrale Rolle. Technische Datenblätter für alle Komponenten sowie zugrunde liegende Normen beinhalten weitere Informationen, die archiviert werden müssen. Am Ende des Lebenszyklus sind es dann vor allem Recyclingvorschriften oder Richtlinien zur Kreislaufwirtschaft, deren Gültigkeit durch Gesetzesänderungen und lokale Besonderheiten schnell obsolet sein kann. Die Versionsverfolgung und die Prüfung der Aktualität der Dokumente ist ein entscheidendes Qualitätskriterium und kann beispielsweise bei Audits schnell zu einem kritischen Bewertungspunkt führen.

Mit dem Rücken an der Wand oder proaktiv?

Die Notwendigkeit von Wartungsarbeiten – vorbeugenden Wartungsarbeiten – ist unbestritten. Der Druck kommt von mehreren Seiten: So berichten Versicherer jedes Jahr auf Neue, dass zwischen 25 und 30 Prozent aller bei ihnen eingereichten Brandschäden ihre Ursachen in schadhafter Elektroverteilung haben. In ihren Policen spiegelt sich das in der Forderung nach verstärken Präventionsmaßnahmen, sprich vorbeugenden Wartungen wider. Sicherheit ist auch bei den gesetzlich vorgeschriebenen Wiederholungsprüfungen von ortsfesten elektrischen Anlagen der Grund für zyklische Prüfungen. In Deutschland, Österreich und der Schweiz zwar noch unterschiedlich geregelt, befinden sich die Prüfräume aber je nach Anlage zwischen einem Monat und fünf Jahren. Geht es bei Versicherungen und gesetzlichen Rahmenbedingungen in erster Linie um das Vermeiden von Bränden respektive Unfällen im Allgemeinen, haben Analysten wie Price Waterhouse Coopers bilanzoptimierende Kostensenkung im Fokus ihrer Untersuchungen. Dr. Klaus-Peter Gushurst (PWC) kommentiert in einem Interview: „Die ‚Industrial Champions‘, wie wir sie nennen, verzeichnen mit vorausschauender Instandhaltung bei den Wertschöpfungstreibern – also Betriebs- und Lebenszeiten ihrer Maschinen und Anlagen, Kostenreduktionen sowie reduzierten Unfall- und Gesundheitsrisiken – Verbesserungen von mehr als 25 Prozent.“ Das sind ein Viertel weniger Unfälle, ein Viertel weniger Kosten. Überzeugende Argumente, die die Entscheidung für die proaktive und vorausschauende Wartung untermauern und die Dienstleistung „Wartung“ für den Schaltanlagenbauer und Systemintegrator zu einem rentablen und wirtschaftlich attraktiven Geschäftszweig aufwerten. Der hierfür nötige Werkzeugkasten ist gerade bei Planern, Errichtern und Integratoren von Schaltanlagen schon bestens ausgerüstet. Sie verfügen über alle originären Informationen, sie kennen Normen und Richtlinien, Genehmigungsverfahren und die gesamte Historie des Projekts. Warum das also nicht als Dienstleistung monetarisieren?

Vom Klemmbrett zur App

Ein erster Schritt wäre, alle Dokumente in dem Moment, in dem sie erstmalig genutzt oder erstellt werden, zu digitalisieren. Weg von der ausgedruckten Checkliste, die auf dem Klemmbrett abgehakt wird, hin zur App, die automatisiert alle logischen Schritte abfragt. Die erinnert, Plausibilitäten prüft und gegebenenfalls alle weiteren Dokumente per Klick bereithält. Und so über den gesamten Lebenszyklus einer Anlage hinweg Transparenz und Verfügbarkeit aller Daten für Wartungspersonal auf Level 4.0 hebt. Nun, einige Lösungen am Markt bieten sogenannte Dokumentenmanagement-Systeme an. Der Nachteil: sie sind meist proprietär, teuer in der Anschaffung, basieren auf komplizierten Lizenzmodelle oder Abo-Varianten. Aber vor allem bilden sie immer nur einen Teil der gesamten Datenvielfalt ab. Ein Digitales Logbook, wie es Schneider Electric anbietet, vereint hingegen vom allerersten Einliniendiagramm des Planers über Ersatzteillisten während eines Wartungseinsatzes bis hin zu den jeweils gültigen Recyclingrichtlinien am Ende des Lebenszyklus alle Dokumente. Schon während der Fertigungsphase können Planer mit EcoStruxure Power Commission die Schaltanlage digital darstellen, mit anderen Akteuren wie Schaltanlagenbauern, Konstrukteuren oder Systemintegratoren auf eine gemeinsamen Dokumentenbasis schauen und diese kontinuierlich weiterentwickeln. Das Besondere hierbei ist die Möglichkeit, über selbst erstellte QR-Codes, die ausgedruckt auf den Schaltschrank, an die Komponenten oder an anderer Stelle aufgeklebt werden, dem späteren Wartungspersonal den schnellen Zugriff zu ermöglichen. Darunter fallen CAD-Zeichnungen, Bedienungsanleitungen, Fotos, Seriennummern aber auch Testberichte und Inbetriebnahmeprotokolle. Daten, die in der Planungs- und Fertigungsphase anfallen, stehen somit auch in der Betriebsphase und für Wartungsarbeiten jederzeit zur Verfügung. Mit der EcoStruxure Facility Expert App muss das Servicepersonal nur noch den QR-Code einscannen, um auf alle Unterlagen zugreifen und Anlagendetails austauschen zu können.

Die beiden kostenlosen Software-Tools, EcoStruxure Power Commission und EcoStruxure Facility Expert, ergeben im Team ein digitales Logbook für ein effizientes Management der Schaltanlagen über den gesamten Lebenszyklus hinweg. – Bild: Schneider Electric GmbH

Effizientes Teamplay

Beide kostenlosen Software-Tools, EcoStruxure Power Commission und EcoStruxure Facility Expert, ergeben im Team ein digitales Logbook für ein effizientes Management der Schaltanlagen über den gesamten Lebenszyklus hinweg. Das Logbook wird so zu einem zentralen Büro, in dem nicht nur fixe Werte, Daten, Informationen von und über Komponenten gespeichert sind, sondern auch neue Dokumente generiert werden. Darunter fallen Projekthistorien, Wartungspläne und -protokolle mit automatisch entworfenen Vorlagen, Aufgabenzuweisungen und Time-Management-Funktionen wie Kalendereinträgen und Erinnerungen.

Fazit

Die digitale Zusammenarbeit aller am Schaltanlagenbau beteiligten Akteure ist Voraussetzung für ein effizientes Wartungsmanagement. Der Zugriff – auch remote – auf eine vollständige und stets aktuelle Dokumentenbasis kann mit Software-Tools wie EcoStruxure Power Commission und EcoStruxure Facility Expert ohne finanziellen Mehraufwand garantiert werden. Ausgerüstet mit diesen Tools und dem damit verbundenen Zugriff auf den großen Fundus aller Dokumente inklusive automatisch generierter Wartungspläne und -zuständigkeiten können Schaltanlagenbauer mit diesem Digital Logbook die Visite in der Schaltanlage zu einem nachhaltigen Geschäftszweig ihrer Unternehmen ausbauen.

Quelle: Dr. Klaus-Peter Gushurst, PricewaterhouseCoopers GmbH, Interview abgerufen am
23.02.21 auf https://www.pwc.de/de/industrielleproduktion/ interview-predictive-maintenance-4-
0-mehr-als-nur-ein-hype.html

Ein beispielhafter Auszug aus den gesetzlichen Richtlinien:

Deutschland: DGUV, Vorschrift 3: Elektrische Anlagen und ortsfeste Betriebsmittel unterliegen einer Prüfung des ordnungsgemäßen Zustands, die im vier-Jahres-Rhythmus von einer Elektrofachkraft durchgeführt wird. Österreich: Elektroschutzverordnung ESV 2012: Gemäß §9 hat der Arbeitgeber dafür zu sorgen, dass die elektrischen Anlagen in Zeitabständen von längstens fünf Jahren durch wiederkehrende Prüfungen gewartet werden müssen. Dies ist zu dokumentieren. Schweiz: SR 734.2 Verordnung über elektrische Starkstromanlagen, 4. Abschnitt: Die Betriebsinhaber müssen ihre Starkstromanlagen dauernd instandhalten und periodisch reinigen oder kontrollieren oder diese Arbeit durch Dritte ausführen lassen. Die Kontrollperioden dürfen fünf Jahre nicht überschreiten. Die Betriebsinhaber erstellen über jede Kontrolle einen Kontrollbericht.

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