Einen Anlagenpark instand zu halten ist in der Praxis eine hochkomplexe Aufgabe: Geplante und ungeplante Arbeiten sind mit den generell begrenzten Kapazitäten in Waage zu halten. Prioritäten der Produktion sind genauso zu berücksichtigen wie Fähigkeits- und Erfahrungsprofile der Mitarbeiter, wenn es darum geht das richtige Personal für spezifische Aufgaben einzuteilen. Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels eine Herausforderung. Die Tatsache, dass Instandhaltung immer mit einem inhomogenen Anlagenpark umzugehen hat, erhöht die Komplexität. Denn selbst Anlagen gleicher Hersteller weisen je nach Baujahr und Betrieb ihre Spezifika auf, denen Rechnung zu tragen ist.
Instandhaltung oftmals nicht digital
Oftmals sind Tätigkeiten der Instandhaltung noch nicht voll digitalisiert. So erfolgen Störungsmeldungen bzw. -erfassungen, die Kommunikation mit Fachleuten bzw. zwischen einzelnen Teams und die Aufgabenpriorisierung vielfach noch nicht ausreichend digital unterstützt. Fehlender Echtzeit-Zugriff auf Informationen sowie die einfache Auswertung historischer Daten sind in der Regel nicht gegeben.
Wie sieht die Instandhaltung zukünftig aus?
Die Planung und Durchführung von Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten werden auch künftig noch ‚People Business‘ sein – also eine Dependenz von Erfahrung und Fachwissen der handelnden Experten aufweisen. Komplexe technische Problemstellungen werden auch mittelfristig noch viel von Fachkräften mit spezifischen Fähigkeiten abverlangen. Daran werden auch Technologien wie Predictive Maintenance wenig ändern. Genau deswegen ist die industrielle Instandhaltung ein so spannendes Betätigungsfeld. Wesentlich ist die Frage: Was sind die Hebel, um den handelnden Personen ihre Arbeit so einfach wie möglich zu gestalten? Denn eine effizient arbeitende Instandhaltung ist nicht nur ein Kostenfaktor: Schnelle Problemlösung wirkt sich auch in einer Verbesserung der OEE (Overall Equipment Effectiveness) aus. Die Instandhaltung als Werttreiber einer leistungsfähigen Produktion. Essenziell für eine effiziente Arbeit ist die Vermeidung von Systembrüchen und Herstellung von Informationssymmetrie. Das bedeutet, dass alle Akteure des komplexen Ökosystems Fabrik in einer vernetzten und intuitiv zu nutzenden Echtzeit-Datenumgebung arbeiten. Im Privatleben erleben wir genau das, wenn wir Apps auf unserem Smartphone einsetzen. Hinzu kommt die Fragestellung einer effizienten Mensch-Maschine-Kommunikation: Denn mit dem Fortschreiten der Vernetzung von Anlagen über IIoT bzw. im Rahmen von Multi-Agenten-Systemen generieren Produktionsanlagen ein stetig steigendes Informationsangebot. Und genau darin liegt ein großes Potenzial, bisher manuelle Vorgänge zu automatisieren und Mitarbeiter von repetitiven Tätigkeiten zu entlasten.
Gemeinsames Projekt
Diese Überlegungen waren die Grundlage für die Kooperation zwischen 5thIndustry, einem Spezialisten für Shopfloor-Anwendungen und Wandelbots, einem Anbieter für No-Code-Roboterlösungen. Die Zielsetzung war es, durch einen Industrieroboter erfasste Störungen direkt in das cloudbasierte Ticketsystem der Instandhaltungsmitarbeiter einzubinden. Dazu wurde der Wandelbots Fleetmanager, eine Anwendung zur Flottenüberwachung von 6-Achs-Robotern mit der smarten Instandhaltungssoftware 5i.Maintenance gekoppelt. Die spezifischen Daten werden über ein Edge-Gerät in die Cloud geschickt. So kann automatisch festgestellt werden, ob ein Nothalt, eine Prozessunterbrechung ausgelöst oder eine Kraftgrenze überschritten wurde.
Die Funktionsweise
Im vorliegenden Fall geht der Roboter in Störung, diese Information wird vom Wandelbots FleetManager verarbeitet und als Event an eine Message Queue in die in der Cloud gehostete 5thIndustry-Maintenance-App weitergeleitet. Die Weiterleitung über eine Message Queue ermöglicht eine resiliente, asynchrone Verarbeitung der Nachricht. Damit ist sicherstellt, dass die Information nicht aufgrund von Netzwerkstörungen oder kurzzeitigen Ausfällen von Systemen verloren geht. Zudem erlaubt dieses Publish/Subscribe Konzept eine Verarbeitung der Nachricht durch verschiedene Abonnenten. In diesem Fall wird die Information von einem Microservice der Maintenance App verarbeitet und die relevanten Daten werden in ein Instandhaltungsticket übersetzt. Die verantwortlichen Instandhalter erhalten nun ihrerseits eine Push oder E-Mail-Benachrichtigung und haben im Ticket gleich alle erforderlichen Informationen über die Störmeldung direkt von Anlage auf ihrem Tablet oder Handy zur Hand. Die Bearbeitung des Vorfalls kann nun über die Maintenance App erfolgen. Darüber hinaus unterstützt die App den Instandhalter auch bei der Behebung der Störung an der Maschine, da alle Informationen wie technische Zeichnungen, Bedienungsanleitungen in der App hinterlegt werden können und auf Knopfdruck verfügbar sind. Hinterlegte Videos oder der Zugriff auf die Störungshistorie der Anlage können im Bedarfsfall weitere Hilfestellung geben. Die Behebung der Störung kann der Instandhalter nach Abschluss der Arbeiten in der App zurückmelden, somit sind immer alle auf dem gleichen Stand. Auch alle weiteren Meldungen (z.B. von anderen Anlagen oder auch Mitarbeiter-generiert) sind ersichtlich. So unterstützt die App das Tagesgeschäft der Instandhaltung, z.B. in der Durchsprache der anstehenden und erledigten Tätigkeiten in den täglichen Shopfloor-Meetings über das in der App verfügbare Kanban-Board. Als wesentlicher Aspekt bei der Gestaltung einer derartigen Lösung ist immer die Fragestellung der IT-Sicherheit zu betrachten. Technische Systeme in der Industrie werden immer mehr Zielobjekt von Hackerangriffen oder Ransomware-Attacken. Diese sorgen nicht nur für Betriebsunterbrechnungen sondern vielfach auch für große finanzielle Schäden. Die gemeinsam entwickelte Lösung maximal zukunftssicher, da eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung der gesamten Kommunikation sichergestellt ist. 5thIndustry setzt in der Bereitstellung der Applikationen auf microservice- und cloud-basierte Architekturen, die eine einfache und schnelle Integration von weiteren Systemen ermöglichen. Dies können beispielsweise ERP-Systeme sein, um Daten von Fertigungsaufträgen oder Maschinenstammdaten auszutauschen, aber eben auch die Anlagen selber lassen sich einfach anbinden.
Nutzen der Lösung
Der entscheidende Nutzen der Lösung liegt in der effizienten Einbindung von maschinengenerierten Daten (hier: Fehlerprotokolle von Industrierobotern) in das alltägliche digitale Arbeitsumfeld der Instandhaltungsmitarbeiter (eine smarte App). Damit werden Mitarbeiter von repetitiven Tätigkeiten, z.B. dem Erzeugen bzw. Verwalten von Störmeldungen, entlastet und können so produktiver eingesetzt werden. Der End-to-End-Workflow – von der Störungserfassung durch die Produktionsanlage bis zur Fertigmeldung und erneute Inbetriebsetzung durch den Instandhalter – erzeugt Informationssymmetrie und Echtzeit-Transparenz: Jeder in der Fabrik hat zu jedem Zeitpunkt Zugriff auf alle wichtigen Informationen. So ist eine schnelle Reaktionsfähigkeit gegeben. In Summe führen diese Maßnahmen sowohl zu einer Entlastung des Instandhaltungspersonals, als auch zu einer Erhöhung der Anlagennutzung (OEE). Beides für Instandhaltungsleiter entscheidende Zielgrößen.
Weitere Entwicklungsschritte
Gemäß dem Blick in die Zukunft der Instandhaltung und in Hinblick auf die Vision Industrie 5.0 ergeben sich weitere Entwicklungsschritte: So sollten, wo immer es geht, Produktionsanlagen mit der eingesetzten Instandhaltungssoftware gekoppelt werden. Dies können Meldungen sein, die wie im vorliegenden Beispiel direkt aus Anlagensteuerungen generiert werden. Genauso eignen sich aber auch aus Condition Monitoring gewonnene Daten zur automatisierten Störungsmeldung. Gerade bei inhomogenen Anlagenparks ist die Einbindung verschiedenster Datenquellen eine Herausforderung. Diese lässt sich oftmals mit den Technologien bzw. Schnittstellen lösen. Die Cloud bietet dafür eine passende Umgebung. Eine weitere logische Konsequenz ist die Integration in die ‚büronahe‘ Arbeitswelt. Gemeint sind Standardanwendungen wie Microsoft Teams oder SAP. Denn auch hier herrschen nach wie vor Medienbrüche vor. Auch hier ist eine einfache Integration mit cloudbasierten Anwendungen möglich. Ein weiterer Schritt ist die Nutzung der gewonnen Daten für zunächst einfache Data Analytics-Auswertungen möglich. Alle in den 5thIndustry-Apps erfassten und generierten Daten werden zusätzlich auch für eine direkte Anbindung von Business Intelligence-Lösungen wie PowerBI, Tableau oder Qlik aufbereitet und ermöglichen so tiefergehende Analysen der Störungsvorfälle.
Fazit
Das gemeinsam von 5thIndustry und dem Dresdner Robotik-Spezialisten Wandelbots umgesetzte Projekt zeigt, wie cloudbasierte Apps eine effiziente Mensch-Maschine-Kommunikation unterstützen können. Gerade bei komplexem Anlagenpark ermöglicht dies eine Entlastung des Instandhaltungspersonals sowie durch Informationssymmetrie und Echtzeittransparenz die Steigerung der OEE.