Fehlerdiagnose in Profinet-Netzwerken bei laufendem Betrieb

Kurzschluss in der Messstelle

Für die Fehlerdiagnose in Profinet-Netzen werden sogenannte Test-Access-Points (TAP) als Messstelle fest eingebaut. Wesentliche Anforderungen sind hier, dass die Messstelle nicht die Funktion des Netzwerks oder den Datenverkehr beeinflusst. Umfassende Erfahrungen aus der langjährigen Troubleshooting-Praxis zeigen, dass man im Zweifel genauer hinschauen muss.

Verschiedene Messverfahren

– Return loss/Rückflussdämpfung: Die Rückflussdämpfung ist ein Reflexionsfaktor. Er zeigt das Verhältnis vom eingespeisten Signal zum reflektierten Signal. Die Ursachen für Reflexionen können beschädigte Kabel, lose Steckverbindungen oder fehlerhafte Geräte sein. Wenn die reflektierten Signale zu stark sind, werden sie als Nutzdaten interpretiert. Das führt zu Fehlern in der Netzwerk-Kommunikation. Bei einem TAP mit Kurzschluss hat man genau diese Situation.

– Längenabhängige Grenzwerte: Manchen Lastenheften enthalten längenabhängige Werte, etwa für Near End Crosstalk (NEXT). Es geht hier um das Übersprechen der Signale auf nebeneinanderliegenden Adernpaaren. Profinet-Kabel haben zwei Adernpaare. Beim Anwender kommt immer dann Verwirrung auf, wenn er für NEXT einen Fehler misst, obwohl da Netzwerk einwandfrei funktioniert und auch keine Telegramme verloren gehen.

– HDTDR-Messung: Eine weitere Möglichkeit ist die HDTDR-Messung (High Definition Time Domain Reflectometry). Dazu wird ein sehr kurzer Testimpuls auf die Leitung geschickt. Der an einer Schwachstelle reflektierte Teil des Signals wird vom HDTDR-Messgerät an der Einspeisestelle ausgewertet. Im gemessenen Beispiel waren die Reflexionen beim Fehler-TAP um den Faktor fünf stärker als bei der Vergleichsmessung mit dem einwandfreien TAP.

– Jitter: Die Angaben erfolgt in der Regel in ns (Nanosekunden) oder Prozent. Je größer die Abweichung vom Idealzustand ist, desto größer ist das Risiko, dass die Übertragungsqualität unter dem Jitter leidet.

– Erdschleifenmesszange: Eine Erdschleifenmesszange besteht aus zwei Spulen. Über eine Spule wird auf die Leitung ein Strom induziert, und mit der anderen Spule wird der resultierende Strom gemessen. Je nach Schleifenwiderstand ist der Strom in seiner Größe unterschiedlich hoch. In der Praxis wird manchmal fälschlicherweise festgestellt, dass der Widerstand zu hoch ist – und eine bestehende Leitung gegen ein Kabel mit geringerem Widerstand ausgewechselt. Jedoch fließt dann mehr Strom. Damit wird mehr Leistung auf die Datenleitung eingekoppelt und das EMV-Verhalten der Anlage verschlechtert sich.

Workshop Profinet-Wartung

Die Messverfahren sind Inhalt des eintägigen Workshops „Profinet Installation, Abnahme und Wartung“ am 8. Juli in Ludwigsburg statt. Im ersten Teil geht es schwerpunktmäßig um die Hardware. Die technischen Zusammenhänge werden erläutert und die Vor- und Nachteile der verschiedenen Diagnosemöglichkeiten besprochen. Dabei gibt es folgende Schwerpunkte:

  • Ist jede Messstelle rückwirkungsfrei?
  • Warum AC- und DC-Widerstandmessung?
  • Return loss: Was sind die möglichen Ursachen?
  • Fehlmessungen wegen längenabhängigen Grenzwerten?
  • HDTDR-Messung: Welche Grenzwerte machen Sinn?
  • Welcher Jitter ist tolerierbar?
  • Der richtige Umgang mit der Erdschleifenmesszange

Der Teilnehmer kann mit diesen Kenntnissen seine Anlagen untersuchen – und nebenbei feststellen, ob in seinen Anlagen TAPs mit Kurzschlüssen vorhanden sind. Wer am Workshop teilnimmt, darf gerne eigene TAPs zum Live-Test mitbringen.

Ganzheitliches Profinet-Monitoring

Im zweiten Teil des Workshops wird das Profinet-Monitoring- und Diagnosesystem Herakles besprochen. Das umfassende Software-Werkzeug bietet eine schnelle und aussagefähige Diagnose von Profinet-basierten Produktionsanlagen. Neben einem systematischen Monitoring über Netzwerkgrenzen hinweg bietet die Lösung vielfältige Diagnosemöglichkeiten und warnt den Instandhalter frühzeitig vor drohenden Ausfällen. Das System validiert das Netzwerk regelmäßig und bietet ein umfassendes Gerätemanagement für alle Profinet-Teilnehmer über die gesamte Fabrik. Es lässt sich ohne zusätzliche Hardware in eine bestehende Infrastruktur integrieren – auch im laufenden Betrieb.

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