Zufriedene Kunden über das Ersatzteilgeschäft

Product-Service-Systeme für wiederkehrende Erlöse

Der Maschinen- und Anlagenbau setzt schon länger auf das Service-Geschäft, um Umsätze zu generieren und Marktanteile abzusichern. Mit dem Aufbau von Product-Service-Systemen können diese Firmen leicht Technologien wie E-Commerce-Plattformen und IIoT-Sensorik ins Segment integrieren - um Kundenbindungen zu erhöhen und Umsätze zu verstetigen.
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Ein Großteil der Customer Journey im Maschinenbau-Vertrieb findet mittlerweile online und ohne direkten Kontakt zum Kunden statt. Das liegt zum einen an der vorangegangenen Pandemie, die den gewohnten Vertrieb schier unmöglich machte, zum anderen aber auch am Heranwachsen der Digital Natives, die allmählich in die Entscheiderpositionen rutschen. Dadurch verändert sich auch das Kaufverhalten im B2B: Transparente Preise und Fakten sind gefragter denn je und ähneln immer mehr den Ansprüchen im B2C-Bereich. Um sich langfristig auf dem Markt zu halten, müssen Maschinenbauer daher ihre Vertriebsmodelle umdenken und neue Zugänge zum Abnehmer finden. Trotz aller Herausforderungen ist die gute Nachricht: Insbesondere im Ersatzteilgeschäft kann die Branche auf Technologien aus dem E-Commerce zurückgreifen, die ausgereift und erprobt sind.

Product-Service-Systeme

Der wohl wichtigste Treiber für den Erfolg im E-Commerce ist die langfristige Kundenbindung durch das Kauferlebnis bei der Bedarfsdeckung, unabhängig vom persönlichen Kontakt zum Verkäufer. Voraussetzung hierfür sind Alleinstellungsmerkmale: Während ein einzelnes Produkt durch die Konkurrenz schnell kopiert ist, kann Servitization, die Kombination eines Produktes mit Servicedienstleistungen, dabei helfen, sich im Wettbewerb zu differenzieren. Es geht dabei darum, nicht nur ein Produkt zu vertreiben, sondern ein Rundum-Sorglos-Paket bereitzustellen, das für den Kunden von höchstem Nutzen ist. Verkauft wird künftig also kein Produkt, sondern ein Product Service System (PSS). Maschinenbauer können so USP entwickeln, die Drittanbieter schwer kopieren können, was die Kundenbindung deutlich steigern und die Customer Lifetime Value erhöhen kann. Durch den wiederkehrenden Service und den daraus folgenden Umsatz wird das Unternehmen außerdem auf krisensichere Beine gestellt, da es weniger vom Verkauf der Maschinen abhängig ist. Anbei ein paar Beispiele für PSS, mit denen diese Effekte erreicht werden können.

Predictive Maintenance

Bei Predictive-Maintenance-Techniken werden die verkauften Maschinen mit Sensoren ausgestattet, die den Zustand von in Betrieb befindlichen Geräten rund um die Uhr erfassen. So kann vorausgesagt werden, wann eine Wartung durchgeführt werden sollte. Es kommt zu Kosteneinsparungen gegenüber der routinemäßigen oder zeitabhängigen vorbeugenden Wartung, da Aufgaben nur dann ausgeführt werden, wenn sie auch tatsächlich notwendig sind. Vibrationssensoren können durch Unregelmäßigkeiten in ihren Messungen etwa erkennen, dass in naher Zukunft ein Teil ausgetauscht werden sollte. Nun wird automatisch eine Kettenreaktion ausgelöst: Die Sensoren geben umgehend einen Hinweis an die Commerce-Plattform des Herstellers weiter, von der anschließend das Ersatzteil automatisch bestellt und zum Kunden geliefert wird. Gleichzeitig wird ein Servicetechniker informiert und trifft rechtzeitig zum Tausch des beschädigten Teils beim Kunden ein. Die rechtzeitige Bereitstellung von Ersatzteilen reduziert Ausfallzeiten der Maschinen und hilft, die Wartungszeit der Servicetechniker passend einzutakten. Spinnt man diesen Gedanken weiter, ist der Onlineshop auch in das Produktionsplanungssystem integriert. Da die Sensoren die zu tauschenden Teile sehr früh melden, können dadurch Auslastungsspitzen in der Produktion verhindert werden. Zeitgleich können die ungeplanten Ausfallzeiten der Maschinen beim Kunden durch die verbesserte Planbarkeit verringert und somit die Kundenzufriedenheit erhöht werden.

Hilfe zur Selbsthilfe

Das Geschäftsmodell im Maschinen- und Anlagenbau beginnt mit dem Verkauf hochwertiger Maschinen und setzt sich im Service- und Ersatzteilgeschäft fort. Das wertvolle Folgegeschäft ist jedoch keine Selbstverständlichkeit, denn wer seine Kunden im Service nicht überzeugt, könnte sie an die Konkurrenz verlieren. Für den Vertrieb bedeutete das bisher eine sowohl zeit- als auch kostenintensive Arbeit. Digital Natives in Entscheiderpositionen stellen jedoch häufig andere Anforderungen an ihr Einkaufserlebnis als vorherige Generationen. Laut dem One tough customer-Bericht der Firma EY schätzen Millennials vor allem Marken und Einzelhändler, die auf ihre Bedürfnisse eingehen und diese Zielgruppe erwartet, dass Informationen sofort und zu jeder Zeit verfügbar sind. Gleichzeitig wollen sie mit so wenigen Personen wie möglich interagieren und bevorzugen Self-Service-Angebote, mit denen sie die notwendigen Informationen selbst lokalisieren können. Um auf diese Bedürfnisse einzugehen, lohnt sich der Aufbau eines Service-Portals. In einem solchen Portal sind alle Maschinen, die der Kunde betreibt, inklusive aller relevanter Informationen darüber, aufgeführt. Es erinnert an regelmäßige Wartungsintervalle, dient als Onlineshop zur Bestellung von Ersatzteilen inklusive Explosionszeichnungen und anderer Hilfsmittel sowie als Support- und Selbstverwaltungs-Portal, um einen Servicefall zu melden bzw. um Budgetrichtlinien und Freigabeworkflows innerhalb der Kundenorganisation abzubilden und einzurichten.

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Self-Service im Onlineshop

Aber auch im eigenen Onlineshop sind Self-Service-Elemente sinnvoll. Über eine visuelle Darstellung der Baugruppen und Einzelmodule, wie der Anzeige von Explosionsgrafiken für Produktvarianten, werden Ersatzteile im Shop schnell und leicht identifiziert sowie die dazugehörigen Informationen aus Wartungs- und Bedienungsanleitungen oder anderen technischen Dokumentationen aufbereitet und bereitgestellt. Firmen mit solchen Informationsangeboten berichten von einer Reduktion an Fehlbestellungen um bis zu 20 Prozent. Das entlastet den Vertrieb sowie die Service- und Bestellhotline und kann der Servicequalität sehr zuträglich sein. Die Maschinenbetreiber erleben den Service als positiv, was Zufriedenheit und Kundenbindung erhöht.

Vernetzung für zuverlässige Aussagen

Industriekunden wollen weder bei der Ersatzteilbestellung noch sonst in der Lieferkette unangenehme Überraschungen erleben. Präzise angegebene und verlässliche Lieferzeiten sowie Verfügbarkeitsprognosen werden heute auch im B2B-Umfeld zunehmend zum Standard. Durch den Einsatz von vernetzten Warenlagern bei ihren Zulieferern sind Hersteller in der Lage, die Supply Chain deutlich effizienter und automatisiert zu verwalten. Sensoren in den Lagern überwachen den Bestand und ordern beim Hersteller automatisch nach, wenn ein Schwellenwert erreicht wird. Die tiefere Integration in die Prozesse des Herstellers durch die Anbindung an die Produktionssysteme bringt weitere Transparenz in die Lieferkette.

Digitale Unterstützung für den Service

Das Ersatz- und Servicegeschäft ist schon lange ein wesentlicher Bestandteil der Wertschöpfung des Maschinen- und Anlagenbaus. Mit neuen Technologien und darauf aufbauenden Angeboten können Hersteller ihre Marktposition weiter verfestigen. Das Ersatzteilgeschäft rückt demnach am Verkauf der Maschine vorbei in den Vordergrund, um eine langfristige Kundenbindung zu erreichen und kontinuierliche Serviceeinnahmen zu generieren. Als Grundlage dienen hier nicht nur die Automatisierung vieler Prozesse und die Bereitstellung von Informationen, sondern auch eine passende Commerce-Plattform. Diese sollte über industriespezifische Funktionalitäten den gesamten Service – von der automatischen Bestellung der Ersatzteile über ein eigenes Kundenportal bis hin zum Servicemitarbeiter vor Ort – digital unterstützen. Die Plattform sollte die mit beteiligten Prozesse zusammenführen, koordinieren und so ein ganzheitliches Metaversum für die eigenen Käufer bilden.

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