Die Vorzeigewerke von Eaton Industries

Waren- und Informationsfluss vernetzt und optimiert

Eaton Industries setzt in den Werken Holzhausen und Dausenau die Software Tetys zur Optimierung des Waren- und Informationsflusses ein. Das digitale Shopfloor-Management integriert sich nahtlos in das ERP-System. In beiden Werken besteht jetzt Durchgängigkeit der Auftrags- und Produktionsdaten nicht nur zwischen Feinplanung, MES und BDE, sondern auch zwischen Shopfloor und kaufmännischen Prozessen.
In beiden Werken befinden sich überall dort Terminals, wo Daten eingegeben oder sie aktuell benötigt werden.
In beiden Werken befinden sich überall dort Terminals, wo Daten eingegeben oder sie aktuell benötigt werden.Bild: Werksfotos GRP GmbH / Gerd Arnolds

Die Schlagzahl in der industriellen Produktion hat in den vergangenen Jahren zugelegt. Losgrößen werden kleiner und gleichzeitig steigt der Kostendruck. Kunden erwarten nicht nur kurze Lieferzeiten, sondern auch eine schnelle Reaktion ihre Änderungswünsche. Lieferanten müssen also dynamisch und flexibel reagieren können. Dementsprechend hoch ist der Druck auf die Produktionsplanung. Bei Eaton Industries greifen alle Vorgänge der Wertschöpfungskette von der Bestellung des Kunden bis zur Lieferung der Produkte ineinander. Im kaufmännischen Bereich setzt das Unternehmen in vielen Werken SAP-Software als ERP-System ein. In diesen Prozessen sind beispielsweise der Einkauf von Rohmaterial, die Vorplanung und die Auslieferung der fertigen Produkte abgebildet. Auf dieser Ebene legt der Vertrieb im SIOP(Sales, Inventory, Operational Planning)-Prozess jeden Monat den Forecast für die Fertigung fest, der auch die Kapazitäten im Werk berücksichtigt. In der Produktion benötigen ERP-Systeme jedoch Subsysteme, die die Fertigung im Detail planen und steuern. In vielen produzierenden Werken existierten dafür Insellösungen, etwa für Planung, Produktionssteuerung, Betriebsdatenerfassung oder die produktionsbegleitende Qualitätsprüfung, die nur rudimentär miteinander kommunizieren.

In Minuten getaktet

Im Kompetenzzentrum Bäderstraße (KBS), den Werken Holzhausen und Dausenau, hat Eaton mit GRP und FLS eine einheitliche Lösung für das Shop Floor Management realisiert. Die Anwendung ermöglicht es, die gesamte Produktion im Minutentakt über alle Ebenen und Standorte hinweg an veränderte Rahmenbedingungen anzupassen. Mit ihr erfüllen die Werke die als ‚High Five‘ ausgegebenen Ziele des Eaton-Konzerns: Sicherheit, Qualität, Lieferperformance, Produktivität und bestandsorientiertes Fertigen. In Holzhausen produziert Eaton Leistungsschalter und Fernantriebe sowie Roh-, Kunststoff- und Stanzteile, die in Schwesterwerken weiterverarbeitet oder verbaut werden. Das Werk Dausenau stellt Befehls- und Meldegeräte für Gerätefronten sowie Grenztaster und Multi-Touchdisplays her. Das Spektrum der Spritzgießteile umfasst rund 700 Produkte mit einer Stückzahl bis 12,5 Millionen pro Monat. Hinzu kommen etwa 600 Stanzartikel mit ebenfalls bis zu 11,1 Millionen Teilen pro Monat. Tetys erhält den Forecast und den Bedarf aus dem ERP-System und führt auf dieser Basis die Auftragsplanung weitestgehend autonom und automatisch aus. Die Lösung errechnet auf Basis des Produktionsmodells gegen begrenzte Ressourcen die bestmögliche Produktionsreihenfolge. Dies beinhaltet die Losgröße, Rüstreihenfolge und den Lagerbestand. Tetys unterstützt den Fertigungsprozess sowohl in der Kunststoff-Vorfertigung als auch in der Metallbearbeitung mit Stanzen, Biegen, Entfetten und Galvanisieren sowie der Schweiß- und Löttechnik und der Lohnbearbeitung. Die Metallbearbeitung und Kunststofffertigung sind bis hin zum fertigen Produkt eng vernetzt. Dabei berücksichtigt das System die Verfügbarkeit von Mitarbeitern, Maschinen, Material und Hilfsmitteln wie Werkzeugen. So können die Planer sich auf das Wesentliche konzentrieren: auf Unvorhergesehenes wie Maschinenausfälle, Werkzeugbrüche oder kurzfristige Änderungen von Aufträgen. Nur dann greifen sie manuell ein. Außerdem können sie Alternativen simulieren, die zunächst nicht an die Fertigungssteuerung übertragen werden.

Geplant wird am Leitstand

Herzstück der Planung ist der grafische Leitstand. Er stellt die Vorgänge übersichtlich dar und ermöglicht so schnelles Handeln, das auf fundierten Entscheidungen beruht: Der Planer klickt einen Auftrag an und sieht sofort alle Vernetzungen: Wo kommt das Vormaterial her, wo wird es benötigt, für welchen Artikel, an welcher Stufe wird es weiterverarbeitet? Manuelle Änderungen erfolgen durch Verschieben der betreffenden Vorgänge am Bildschirm. Dabei sieht der Planer unmittelbar die Konsequenzen: Bewegt er einen Vorgang, verschieben sich alle damit verbundenen ebenfalls. Sofort steht die neue Planung. Im Hintergrund analysiert Tetys jeden der üblicherweise 5.500 Fertigungsaufträge. Auf Basis der Feinplanung übernimmt das Manufacturing Execution System alle Vorgänge der Betriebsdatenerfassung wie das Workflow-Management, die produktionsbegleitende Qualitätssicherung und die Materialflusserfassung. Auch Einrichtung und Wartung der Maschinen sind vernetzt und kommunizieren miteinander. So fließen Rückmeldungen aus der Produktion – etwa zu nicht verfügbaren Maschinen – sofort in die Feinplanung zurück und die Produktion kann dynamisch reagieren.

Wenn Vorgänge bei der Planung verschoben werden, sieht der Planer sofort alle Konsequenzen.
Wenn Vorgänge bei der Planung verschoben werden, sieht der Planer sofort alle Konsequenzen.Bild: Werksfotos GRP GmbH / Gerd Arnolds

Werkzeuge und Wartung

Das System übernimmt auch das Management der mehr als 1.000 in den Werken vorhandenen Werkzeuge der Stanz- und Spritzgussmaschinen, denn es wäre praktisch unmöglich, ihren Einsatz manuell zu planen. Nicht verfügbare Werkzeuge werden gesperrt und es wird sofort umgeplant. Ebenso berücksichtigt Tetys im Rahmen der vorbeugenden Wartung, dass die Werkzeuge der Spritzgießmaschinen nach einer gewissen Anzahl von Schüssen ausgetauscht werden müssen.

Qualitätsprüfung online

In der Fertigung der Metallteile werden die Daten für die prozessbegleitende Qualitätsprüfung und die Materialflusserfassung an CAQ-Prüfplätzen eingegeben, die mit Messmitteln, einem Barcodescanner und einem Web-Terminal ausgestattet sind. Hier sehen die Bediener, ob Fertigungstoleranzen eingehalten sind oder ob gegengesteuert werden muss. Dann wird sofort die Qualitätsabteilung informiert. An diesen Plätzen erfassen die Bediener auch, was produziert wurde. Darüber hinaus können sie zusätzliche Informationen, z.B. Störgründe, eingeben. Hier können auch Zeichnungen angezeigt werden, die früher nur in Papierform existierten und nicht immer aktuell waren. In der Kunststoffteilefertigung werden Fertigungsdaten am Ende der Fertigungskette zentral erfasst. Die Materialwirtschaft ist ebenfalls integriert: Die Management-Software ermittelt im Rahmen des Multilevel Ressource Planning (MRP) aus Stücklisten und Beständen die Bedarfe für Rohmaterial und meldet sie an das ERP-System zurück.

Verlässliche Informationen

Neben Feinplanung und Produktionssteuerung versorgt das System alle Mitarbeiter mit Informationen. In den Werken befinden sich Terminals überall dort, wo Daten eingegeben oder aktuelle Daten benötigt werden. Viele davon sind web-fähig. Die Web-Anwendung ermöglicht es, Endgeräte wie Tablets oder Smartphones zu nutzen. Bediener und Einrichter sind während des Systemeinsatzes nicht mehr an einen Arbeitsplatz gebunden. An mehreren Produktions-Cockpits werden Daten etwa zu Auslastung und Wirkungsgrad einzelner Maschinen abgerufen und angezeigt.

Bei den abteilungsübergreifenden Tier-Meetings (hier bei Eaton Industries in Holzhausen) 
werden Entscheidungen auf der Basis der aktuellen Informationen getroffen, 
die webbasierte Produktions-Cockpits anzeigen.
Bei den abteilungsübergreifenden Tier-Meetings (hier bei Eaton Industries in Holzhausen) werden Entscheidungen auf der Basis der aktuellen Informationen getroffen, die webbasierte Produktions-Cockpits anzeigen.Bild: Werksfotos GRP GmbH / Gerd Arnolds

Schnell und gut entscheiden

An diesen Produktions-Cockpits finden die täglichen abteilungsübergreifenden Produktionstreffen (Tier-Meetings) statt, an denen Schichtführer, Abteilungsleiter, Produktionsleiter sowie Mitarbeiter der Instandhaltung und der Personalabteilung teilnehmen. Hier sind die aktuellen Produktionsdaten verfügbar. Welche Probleme gab es? Woher kam das Vormaterial? Wo wird es benötigt? Für welchen Artikel? Was kann ich am eigenen Prozess verbessern? So werden Entscheidungen auf der Basis aktueller und stimmiger Daten getroffen und ihre Auswirkungen sind sofort sichtbar. Diese Stand Up Meetings sind strikt auf 15 Minuten beschränkt.

Unverzichtbarer Bestandteil

Mit der Pionierarbeit, die das Team über Jahre geleistet hat, ist KBS heute im Eaton Konzern Vorreiter und Vorzeigefabrik für die Digitalisierung von Produktionsabläufen. Das Erfolgsrezept für die Einführung und das Ausrollen eines solchen Systems ist, von Anfang an Betrofene zu Beteiligten zu machen: Planer, Bediener und Einrichter ebenso wie Abteilungsleiter und die Werksleitung. Erst dann kamen die richtigen Fragen auf und praxisgerechte Lösungen entstanden. Eine Kultur des Miteinanders anstelle eines Gegeneinanders entwickelte sich. Ein weiterer Baustein war die strategische Partnerschaft mit den Lieferanten der Software Tetys mit GRP und FLS. Auf allen Seiten fanden sich Teamplayer. Das Zusammenwachsen wurde in jüngster Zeit durch die Intensivierung der Zusammenarbeit von GRP und FLS weiter begünstigt. Jetzt arbeiten beide Firmen mit einer Geschäftsführung unter einem Dach, das verkürzt Kommunikationswege und führt schneller zu Lösungen.

Eine Kultur der Verbesserung

Das Verschmelzen von Produktionsplanung und MES auf der einen Seite und ihre intensive Anbindung an das ERP-System auf der anderen haben zu einer effizienten, beruhigten Fertigung, hohem Durchsatz und hoher Flexibilität geführt. Obwohl die Autoren sich seit Jahren mit der Thematik befassen, haben sie weder innerhalb noch außerhalb des Konzerns ein Planungs- und Steuerungssystem gesehen, das die Durchgängigkeit zwischen Planung, Betriebsdatenerfassung und Qualitätsmanagement in vergleichbarer Weise realisiert. Die Abbildung aller Prozesse auf der Shop-Floor-Ebene und die hohe Transparenz über alle Ebenen hinweg haben hohen Nutzen. Sie zeigt jedoch gnadenlos auch Fehler auf. In Dausenau und Holzhausen ist es gelungen, damit umzugehen. Es ist eine Kultur der kontinuierlichen Verbesserung entstanden, in der gesagt wird: „Gut, dass wir das herausgefunden haben und morgen machen wir es besser.“ Außerdem hat das System einen weiteren Effekt: Das Wissen über die Produktionsprozesse und die Erfahrung der Experten kann in das System überführt werden und ist so langfristig gesichert, auch wenn Mitarbeiter andere Aufgaben übernehmen.

Die zukunftsfähige Fabrik

Auch die Intralogistik will Eaton entlang der gesamten Lieferkette optimieren. Um Warenbewegungen zu erfassen, sollen Warenträger und Gebinde mit RFID-Transpondern ausgestattet und automatisch lokalisiert werden. Außerdem sollen Kunden und Lieferanten mit dem System verbunden werden, damit Kunden ihre Bestellungen selbst in das System einspeisen können. So können neue Aufträge sofort in die Planung übertragen werden. Das gleiche soll auch für Lieferanten etabliert werden. Für den gesamten Konzern ist die Shop-Floor-Lösung ebenfalls bedeutsam, denn in dieser Datenkugel steht das gesammelte Wissen zur Verfügung, wie sich heute digitalgestützt produzieren lässt. Da die Prozesse im System so abgebildet wurden, dass andere Werke sie ebenfalls ausrollen könnten, lassen sich die weltweiten Standorte des Konzerns künftig noch enger verzahnen.

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