Die MTU Maintenance ist Teil des Triebwerkherstellers MTU Aero Engines. Neben der Entwicklung und Fertigung von Komponenten setzt die MTU seit mehr als 40 Jahren Triebwerke instand. Rund 5.000 Mitarbeiter sind weltweit in dieser Sparte beschäftigt und bearbeiten ungefähr 30 verschiedene Triebwerkstypen. Der Standort der MTU Maintenance in Ludwigsfelde hat sich auf Triebwerke des unteren bis mittleren Schubsegments sowie Industriegasturbinen spezialisiert und beschäftigt rund 900 Mitarbeiter.
Kennzahlen im Reporting
Die Instandhaltungsarbeiten werden durch die Abteilung der Produktionsplanung und -steuerung (PPS) koordiniert. Ziel dabei ist die Einhaltung relevanter logistischer Zielgrößen wie die Auftrags-Durchlaufzeit, die Liefertreue sowie die Auslastung aller beteiligten Bereiche. Zur Positionierung im Spannungsfeld dieser Zielgrößen werden retro- und prospektiv Produktionsdaten ausgewertet und Leistungskennzahlen (KPIs) ermittelt. Diese werden anschließend visualisiert und in verschiedenen Berichten veröffentlicht. Das Spektrum der Adressaten erstreckt sich vom Top-Management und Shopmanagern bis hin zu Kunden und anderen Interessengruppen.
Ausgangssituation der IT-Landschaft
Die technische Betreuung der genutzten Analysetools erfolgt aktuell durch die PPS-Abteilung. Die bestehende Lösung ist sukzessive über die Jahre bis zur heutigen Ausprägung gewachsen. Im Wesentlichen basiert sie auf einer ETL-Strecke (Extract, Transform and Load) zur Datenaufbereitung und -auswertung in Microsoft Access. Quellen sind Datenexporte aus S/4Hana (Produktionsdaten) sowie Microsoft Excel (Stammdaten). Die abschließende Analyse und Visualisierung erfolgt in unterschiedlichen Excel-Anwendungen. Entscheidende Nachteile gegenüber modernen BI-Lösungen sind der statische Export von Reportinginhalten sowie die aufwandsintensive Entwicklung bei Reportanpassungen. Zudem macht auch die fehlende Unterstützung von Self-Service- und Predictive Analytics-Funktionen eine Umstellung notwendig. Das Vorgehen zur Auswahl geeigneter Softwareprodukte lässt sich in drei Schritte unterteilen: Definition des Zielbildes, Ermittlung von Lösungsvarianten und Auswahl einer Vorzugslösung. Die Anwendung des Vorgehens bei der MTU Maintenance wird im folgenden Abschnitt des Artikels beschrieben.
Im Zielbild festgehalten
Im ersten Schritt wird ein Zielbild definiert, das die funktionalen Anforderungen beschreibt. Auf diesen Schritt wurde ein Hauptaugenmerk gelegt. Begründet ist dies in den Erkenntnissen des BARC-Instituts wonach rund 18 Prozent aller Probleme bei der Implementierung neuer Softwareprodukte in unpräzisen Anforderungsbeschreibungen liegt. Die unklare Definition des Zielbildes ist somit der größte Problemtreiber. Außerdem konnte aufgezeigt werden, dass Nutzer nach einem objektivem Auswahlprozess durchschnittlich zufriedener mit der eingeführten Software sind als Nutzer, deren Software aufgrund von strategischen Entscheidungen gewählt wurde (6,0 zu 4,9 von 10 Punkten). Zur Zielbilderstellung wurde daher ein multiperspektives Vorgehen angewendet. Dabei wurden Anforderungen an die neue Softwarelösung aus verschiedenen Perspektiven ermittelt, um eine hohe Objektivität sicherzustellen, siehe Abbildung 1.
Zu Kernaussagen verdichtet
In das Zielbild flossen zunächst die Erkenntnisse aus der Analyse des Ist-Systems ein. Diese zeigten bestehende und genutzte Funktionalitäten sowie identifizierte Schwachstellen im aktuellen Analyse- und Reportingprozess auf. Darüber hinaus wurden Rahmenbedingungen berücksichtigt. Sie beinhalten beispielsweise unternehmensinterne IT-Richtlinien als auch Charakteristiken, die sich aus dem Instandhaltungsgeschäft (MRO-Organisation) ergeben. Zusätzlich zu den internen Faktoren wurden externe Einflüsse ermittelt. Dafür wurde zunächst der Stand der Technik eruiert und gängige auf dem Markt erhältliche Softwarelösungen analysiert. Diese Analyse stellte sicher, dass die performanteste und nachhaltigste Lösung gefunden werden konnte. Aus den internen und externen Einflussgrößen ergaben sich neue Anforderungen. Diese wurden kategorisiert und in Kernaussagen verdichtet, siehe Abbildung 1 mittlerer Abschnitt. Die Anforderungskategorien, die sich bei der MTU Maintenance ergaben, sind in Abbildung 2 zusammengefasst. Dabei sind Anforderungen wie beispielsweise der Bedarf nach einer Echtzeit-Datenanalyse in die Kategorie Datenextraktion und die Anforderung Stabilisierung des Laufzeitverhaltens in die Kategorie Performance eingeflossen. Im nächsten Schritt wurden die Anforderungskategorien priorisiert. Hierbei wurden zukünftige Nutzer der MTU Maintenance einbezogen, um einen Konsens zwischen den verschiedenen Nutzergruppen zu erzielen. Die Einbindung erfolgte mittels einer digitalen Befragung. Auf Basis der gewonnenen Resultate wurde eine Gewichtung mit dem Direct-Ratio-Verfahren durchgeführt. Das Ergebnis ist in Abbildung 2 dargestellt. Je höher der relative Anteil der Anforderungskategorie bezogen auf das Gesamtgewicht ist, desto höher wurde die Bedeutung durch die Teilnehmer eingestuft. Für weitere Details siehe Fengler: (2020. Entwicklung eines IT-Konzepts für die Datenanalyse in der Produktionsplanung und -steuerung der MTU Maintenance Berlin-Brandenburg. Wildau, S. 61-62) Da es Ziel der Konzeptentwicklung war, die aktuelle Anwendung abzulösen, mussten ihre wesentlichen Grundfunktionen auch im Neukonzept abgebildet werden. Das Zielbild besteht aus diesem Grund aus Mindestanforderungen sowie erweiterten Anforderungen, siehe Abbildung 1.
Bildung von Lösungsvarianten
Im zweiten Schritt des Auswahlprozesses werden Lösungsvarianten erarbeitet. Bei der MTU Maintenance wurden dafür die bereits im Unternehmen eingesetzten Softwareprodukte denen auf dem Markt verfügbaren Produkten gegenübergestellt. Ein erster Abgleich mit den Mindestanforderungen verkleinerte die Vergleichsmenge. Aus einer daraus entstandenen Shortlist wurden fünf Lösungsvarianten gebildet, siehe Abbildung 3. Die Lösungsvarianten kombinieren bereits im Unternehmen eingesetzte Softwareprodukte wie SAP BW/4Hana mit auf dem Markt verfügbaren Produkten. Auffällig ist die häufige Nennung des Produkts Tableau Server. Dieses erfüllt die abgeleiteten Anforderungen im Bereich der Datenanalyse und des Reporting am besten und findet daher am häufigsten Verwendung.
Ergebnis und Ausblick
Im dritten und letzten Auswahlschritt wird die Vorzugslösung ermittelt. Dafür wurde eine Nutzwertanalyse durchgeführt. Als Grundlage der Bewertung diente das im ersten Schritt definierte Zielbild. Innerhalb des Auswahlverfahrens konnte sich die Lösungsvariante I durchsetzen. Diese berücksichtigt ausschließlich Software des Anbieters Tableau. Aktuell wird die Implementierung und Überprüfung der tatsächlichen Leistungsfähigkeit der Vorzugslösung einem Proof-of-Concept unterzogen. Nach dessen Abschluss wird die Lösung umgesetzt werden. Sie soll einen erheblichen Beitrag dazu leisten, die Analyse- und Reportingprozesse bei der MTU Maintenance zukunftssicher aufzustellen. n MTU Maintenance Berlin-Brandenburg GmbH.
www.mtu.de