Embedded-KI für Roboter

Wie Predictive Maintenance Roboterarme ausfallsicher macht

Halbautomatisierte Bestückung im Produktionsprozess 
einer Prototypen-Platine für Embedded-KI-Lösungen
Halbautomatisierte Bestückung im Produktionsprozess einer Prototypen-Platine für Embedded-KI-LösungenBild: AITAD GmbH

Offizielle Zahlen zu den Ausfallzeiten von Produktionsrobotern sind nur schwer zu erhalten. Gleichzeitig variieren diese Zahlen sehr stark, so dass es schwerfällt, sich ein realistisches Bild der entstehenden Ausfallkosten zu machen“, erläutert Viacheslav Gromov, Gründer des Embedded-KI-Anbieters Aitad. „Wir wissen jedoch zuverlässig von Ausfallkosten in der Automobilindustrie, die sich jährlich auf hohe Millionenbeträge pro Betrieb summieren. Typische Ausfallkomponenten sind Gelenke, Antriebe und Hydraulik. Schon aufgrund des natürlichen Abnutzungsprozesses werden Roboterarme mit der Zeit immer unpräziser.“

Starre Wartungsmodelle

Diesem Problem begegnen die Roboterhersteller mit mehr oder minder starren Wartungsmodellen. Aktuell üblich sind korrektive bzw. präventive Modelle – wobei punktuelle, korrektive Wartungen zu einer schnelleren Abnutzung führen. In der Praxis zeigt sich, dass Roboterarme oft nur dann gewartet werden, wenn sie reparaturbedürftig sind oder die Betriebsstundenzahl es verlangt. Alternativ erfolgt die Wartung präventiv ohne Berücksichtigung des Maschinenzustands.

„Roboterhersteller wollen auf dieses Problem mit der Etablierung von Condition-Monitoring-Systemen,“ so Gromov weiter. Hier wird auf Grund des Ist-Zustands einer Maschine eine Vorhersage für den künftigen Wartungsbedarf getroffen. Allerdings bleiben die Prognosen vergleichsweise vage. „Unter dem Strich ist Condition Monitoring nur eine verfeinerte Ausfallerkennung. Dabei ist der Weg zur vorausschauenden Wartung, auf englisch Predictive Maintenance, die Unternehmen deutlich mehr Vorteile bringt,“ versichert Gromov.

Datensammeln hilft

In der Praxis zeigt sich, dass es gar nicht so einfach ist, die richtigen Daten zu sammeln und für einen effektiven Nutzen der Maschine auszuwerten. Viele Roboter werden noch immer mit wenigen, teils nicht sehr leistungsstarken Sensoren überwacht, die nur ein Teilspektrum der Daten erfassen. Doch anders als in vielen anderen Arbeitsbereichen gilt für die Datenerhebung und datengetriebene Entwicklung das Prinzip „Viel hilft viel“ – je mehr Daten durch die Überwachung gesammelt und ausgewertet werden können, desto zuverlässiger lassen sich Aussagen über den künftigen Maschinenzustand treffen. Ein weiteres Hindernis ist die Netzwerkkapazität. Eine tiefe Beobachtung, z.B. von Vibrationsdaten, erzeugt oft sehr große Datenmengen, die kaum noch über die Netzwerkinfrastruktur übertragbar sind.

Dieser Situation wird heute meist mit Hilfe sogenannter Edge-Lösungen begegnet. Dabei versucht ein Algorithmus oder auch eine künstliche Intelligenz, den relevanten Datenanteil herauszufiltern und nur diesen an die Steuerung zu übertragen, wo dann die eigentliche Auswertung erfolgt. „Dieser Vorgang erfordert aber immer noch ein hohes Maß an Rechenleistung oder Auslastung,“ gibt Gromov zu bedenken.

Jede EmbeddedKI-Komponente wird 
gründlich geprüft.
Jede EmbeddedKI-Komponente wird gründlich geprüft.Bild: AITAD GmbH

Mehr Präzision, weniger Kosten

Will man die Ausfallwahrscheinlichkeit von Robotern gegen Null treiben und gleichzeitig die Kosten senken, bietet sich die Auswertung der Sensordaten am Ort des Entstehens an. Möglich wird dies seit wenigen Jahren durch die steigende Leistungsfähigkeit von Halbleitern, auf denen mittels hochentwickelter spezieller Verfahren eine eingebettete künstliche Intelligenz läuft. Solche Embedded-KI-Sensoren übertragen nur noch das Auswertungsergebnis und reduzieren so das Übertragungsvolumen stark. Gleichzeitig steigt die Fähigkeit zur Verarbeitung auch sehr großer Datenmengen, was eine tiefere und präzisere Auswertung ermöglicht.

Mit Embedded-KI für Roboter ist nicht nur der aktuelle Abnutzungsgrad erkennbar, es werden auch präzise Vorhersagen zur Lebensdauer eines Bauteils oder auch der gesamten Maschine möglich. Embedded-KI bietet gegenüber der bei Edge-Lösungen eingesetzten Algorithmik den Vorteil, dass sich auch komplexe und sonst unvorhersehbare Ereignisse als Anomalie erkannen und entsprechende Aktionen auslösen lassen. So können beispielsweise untypische Vibrationsmuster einen Getriebeschaden ankündigen.

„Embedded-KI hat jedoch nicht nur den Vorteil der tieferen Datenauswertung, sondern auf Grund des geringen Ressourcenbedarfs auch deutliche Kostenvorteile,“ fügt der Aitad-Gründer hinzu. Es gibt also deutlich mehr Leistung für weniger Geld.“ Präzise Vorhersagen zu einem bevorstehenden Ausfall machen den Service flexibler, schneller und kostengünstiger. An die Stelle von Wartungsintervallen tritt eine effiziente Servicestrategie.

Embedded-KI ist ein interdisziplinäres Feld und geht 
nur in Teamarbeit zwischen den Ingenieur-Disziplinen.
Embedded-KI ist ein interdisziplinäres Feld und geht nur in Teamarbeit zwischen den Ingenieur-Disziplinen.Bild: AITAD GmbH

Kunden-spezifische Entwicklung

Mit künstlicher Intelligenz ausgestattete Sensoren werden als Embedded-KI-Systemkomponenten kundenspezifisch konzipiert. Dabei geht es immer um den konkreten Use Case, für den die KI und die Sensorplatine entwickelt und später in Serie gefertigt werden. Die Systemkomponenten sind so gestaltet, dass sie die Konnektivität mit dem jeweils verwendeten Kommunikationsprotokoll herstellen. Neben der KI- und Elektronikentwicklung wird auch der jeweils passende Bauraum gesucht, in dem sich die Sensoren möglichst gut platzieren lassen. Gegenüber marktüblichen KI-Baukasten-Systemen sind derartige Systeme deutlich flexibler an die Robotereigenschaften anpassbar. Mit deren Hilfe können beispielsweise Antriebe, Gelenke, Getriebe, Lager oder auch Hydraulikantreibe der Robotorarme mittels Vibration, Ultraschall oder Laser überwacht werden. Laser eignen sich auch dann, wenn die Anbringung des Sensors nur außerhalb des Geräts möglich ist. Komplexe Use Cases können den Einsatz mehrerer Sensoren erforderlich machen.

Funktionalität verbessern

Embedded-KI bietet noch weitere Einsatzmöglichkeiten in der Robotik: Mit Hilfe von Gesten- oder Sprachsteuerung ist die Kollaboration verbesserbar. Lösungen zur Personenerkennung sorgen für mehr Sicherheit ohne Datenschutzthemen zu tangieren, da ja keine Sensordaten übertragen werden. Selbst Aktuatoren und Werkzeuge lassen sich mittels Embedded-KI verbessern. So können Greifer mit Drucksensoren in Echtzeit Rückmeldung geben, ob ein Gegenstand richtig gefasst wurde.

„Wir sind als branchenübergreifender Anbieter auf individuelle Embedded-KI-Lösungen spezialisiert“, betont Gromov. In einem interdisziplinären Team entwickelt Aitad KI-Modelle und Elektronikbauteile, die für mehr Ausfallsicherheit sorgen – mit Fokus auf Predictive Maintenance, User Interaction und funktionale Erweiterungen.


  • Digitale Remote-Lösung der neuesten Generation

    Als Digitalisierungs- und Automatisierungsanbieter will die Firma Quat2ro für frischen Wind in der Schüttgutbranche sorgen. Ein aktuelles Beispiel ist der Online-Fernzugriff auf…


  • Maschinenoptimierung per MES

    20 Millionen Kugellager verlassen Jahr für Jahr die Produktion bei Markes im nordrhein-westfälischen Halver. Um die Maschinen möglichst optimal auszulasten, setzt das…