Machine Learning in der Praxis

Um Kühlwasser in richtiger Menge und Temperatur bereitstellen zu können, müssen die Rohrleitungen und Pumpen ständig überwacht und gewartet werden. (Bild: Xervon Instandhaltung GmbH)

Sensoren geben Aufschluss

In der traditionellen Instandhaltung überprüfen üblicherweise Service-Techniker per Fernüberwachung in regelmäßigen Zeitabschnitten, ob sich Unregelmäßigkeiten an den Pumpen feststellen lassen. Das ist personal- und zeitintensiv. Da es bei der angebotenen Dienstleistung vor allem um die Betriebssicherung der Kühltürme sowie die kontinuierliche Überwachung des Betriebszustandes der Anlagen – also der zustandsorientierten Instandhaltung bzw. dem Condition Monitoring – geht, wurden vor allem die Pumpen mit Sensoren ausgestattet. Diese liefern Daten zu Parametern wie der Durchflussmenge, der Temperatur oder der Energieaufnahme. Besonders wichtig für das Condition Monitoring sind zudem die an den Pumpen angebrachten Vibrationssensoren. Die durch sie erfassten Schwingungen werden auf charakteristische Frequenzen untersucht, über deren Analyse sich Fehler- und Verschleißbilder erstellen lassen, sodass sich beispielsweise unterschiedliche Betriebszustände analysieren lassen.

Muster erkennen, eigenständig handeln

Die erhobenen Informationen werden von Algorithmen verarbeitet und IT-Systeme durch Machine Learning in die Lage versetzt, auf Basis vorhandener Datenbestände Muster zu erkennen und eigenständig Lösungen zu entwickeln. Besonders interessant sind dafür so genannte Long Short Term Memory (LSTM)-Netzwerke. Diese wurden für Anwendungen auf Zeitreihendaten entwickelt. LSTM-Netzwerke erkennen über einen bestimmten Zeitraum hinweg Muster, die z.B. zu Störungen und Maschinenausfällen führen können. Die Algorithmen lernen, Vorhersageattribute wie Temperatur, Vibration oder Druck situationsbedingt einzuordnen. Die manuelle Auswahl derartiger Parameter für die Predictive Maintenance wird dadurch vereinfacht. Aus den Daten werden automatisch die richtigen Attribute extrahiert. Die Vorhersagequalität hängt dabei wesentlich von der Qualität und der Quantität der Daten sowie von den richtigen Quellen ab. Die wichtigsten Quellen sind neben den Sensordaten ergänzende Datenquellen wie: Wartungs-, Fehler- und Reparaturverläufe sowie Betriebszustände und Reparaturbefunde von Komponenten, Maschinen und Anlagen. Die Größe der Datenmenge bestimmt allerdings auch den damit verbundenen Speicherbedarf. Ein für weitere Projekte wichtiges Ergebnis der erprobten Kühlanlage ist daher, dass die Sensordaten nicht permanent erhoben werden müssen. Es genügt, wenn die Sensoren periodisch Daten in die Cloud und damit an den digitalen Zwilling übertragen. Dieser analysiert die Informationen und bildet ein Kernstück des Projekts.

Virtuelle Probeläufe

Zu den großen Errungenschaften des digitalen Abbildes gehört, dass er die erhobenen Daten automatisiert auf Abweichungen überwachen kann, also das Condition Monitoring sicherstellt. Darüber hinaus ermöglicht er auch virtuelle Probeläufe, die in der Realität den Betriebsablauf stören könnten. In der Simulation können hingegen beliebige Szenarien erprobt werden. So kann die Betriebsleitung beispielsweise ausrechnen, ob auftretende Auffälligkeiten oder Unregelmäßigkeiten an der Anlage sofort behoben werden müssen oder Instandhaltungsmaßnahmen verschoben werden können. Auch Reparaturen und Wartungen lassen sich durch die Unterstützung des digitalen Zwillings besser terminieren. Der Einsatz von Service-Technikern sowie die Bestellung und Lieferung von Ersatzteilen erfolgt dabei automatisiert, basierend auf den Berechnungen des digitalen Zwillings. Der Predictive Maintenance-Ansatz soll zudem Kosten einsparen – im Rahmen des Projektes wird ein optimaler Betrieb der Kühltürme angestrebt, der Energieverbräuche reduziert und die Lebensdauer der Anlage erhöht.