Digitale Services

Die Zukunft im Maschinenbau gehört den Produktionsdaten

Eigentlich könnte es sich ein Maschinenbau-Spezialist nicht besser wünschen: Er liefert eine gekaufte Maschinen an das Kundenunternehmen, stellt sie auf – und hört nie wieder etwas von dieser Firma, denn die Anlage läuft einwandfrei. Was wie ein wahrgewordener Industrietraum klingt, ist der MA Micro Automation, Anbieter im Bereich Automatisierungstechnik und Spezialmaschinenbau, tatsächlich gelungen. Das Problem dabei: Auch qualitativ hochwertige Maschinen können irgendwann verschleißen, ausfallen und dadurch den Produktionsprozess des Betreiberunternehmens beeinträchtigen. Die Idee: Digitale Services verbessern automatisiert Wartung und Instandhaltung und bieten Anwendern weitere Vorteile.
Bild: MA Micro Automation GmbH

Welch riesiges Potenzial in digitalen Dienstleistungen steckt, war der Micro Automation schnell klar: So etwa gibt der Zugriff auf Daten der Maschinen und deren Betriebsprozesse Aufschluss über den Zustand der Anlage, ermöglicht also Condition Monitoring. Etwaige Defizite und Verschleißerscheinungen an den Maschinen lassen sich dadurch frühzeitig erkennen. Den Anlagenbetreibenden gestattet das, Maschinenstillstände zu planen und somit Wartungen gezielt einzuleiten, und zwar dann, wenn es der Fertigungsprozess erlaubt. Unerwartete Anlagenausfälle gehören damit der Vergangenheit an. Doch die präventive Wartung ist nicht das einzig denkbare Szenario eines digitalen Services: Ebenso möglich ist es, aufgrund der Digitalisierung, die Daten verschiedener Produktionsstätten zu vergleichen. Das wiederum kann Anhaltspunkte für Verbesserungen im Herstellungsprozess liefern, woraufhin sich die Produktionsqualität nachhaltig steigern lässt.

Der Plan: Einen Proof of Concept in Rekordzeit

Um genau diese Potenziale auszuschöpfen, musste Micro Automation Daten ihrer aufgestellten Maschinen erfassen, anschließend mithilfe einer geeigneten IoT-Plattform bündeln und analysieren. Zudem hieß es, ein Datenmodell, eine Datenstrategie, eine Zielarchitektur sowie konkrete in einzelne Phasen eingeteilte Umsetzungspläne zu entwickeln. Ziel des Ganzen war es, einen Proof of Concept zu erstellen, der die ausgewählten Bestandteile validiert, die digitalen Services – etwa die präventive Wartung oder die Steigerung der Produktionsqualität – in Dashboards abbildet und damit für eine stabile Basis für zukünftige Entwicklungen sorgt. Der Knackpunkt: Das ganze Vorhaben hatte einen festgesetzten Zeitrahmen, denn Micro Automation plante, die Ergebnisse des Projekts auf der Messe K 2022 in Düsseldorf zu präsentieren. Als strategisches Partnerunternehmen auf dieser digitalen Reise wählte der Maschinenbauer die Novatec Consultingaus. Die Umsetzung des Projekts erfolgte durch Expertinnen und Experten aus deren IoT-Service-Bereich.

Alles beginnt mit der Strategie

Zunächst fand ein Workshop mit den IoT-Expertinnen und -Experten sowie ausgewählten Mitarbeitenden aus verschiedenen Unternehmensbereichen der MA micro automation GmbH statt, um die Ziele und Strategien zu erarbeiten. Den methodischen Rahmen und die entsprechenden Erfahrungen hatte das IT-Dienstleistungsunternehmen mitgebracht. Anschließend galt es, gemeinsam die Zielgruppe zu definieren – einschließlich der Schmerzpunkte, welche die Kundschaft des Maschinenbauers hat. Daraus ließen sich Use Cases entwickeln, aus denen sich die digitalen Services – als Problemlösungen – ergeben sollten. Daraufhin hat das IT-Unternehmen die Architektur und erforderlichen Dienste entwickelt. Darüber hinaus stand Novatec der MA micro automation bei der Auswahl und Konfiguration der Technologien zur Seite. Zunächst ging es jedoch darum, die Anforderungen an diese zu sammeln und verschiedene Lösungen gegenüberzustellen.

Eine Frage der richtigen Technologie

Für die Realisierung der geplanten digitalen Services entschieden sich die beiden Projektpartnerunternehmen schließlich für die Plattform Cumulocity IoT. Insbesondere das vorhandene Partner-Ökosystem, die Streaming-Analytics-Funktionalität sowie die umfangreichen Low-Code-Fähigkeiten sprachen für diese Lösung. Das Sammeln und Aggregieren der Daten der Maschinen vor Ort sollte ein Edge Gateway von INSYS icom übernehmen. Edge Gateways erlauben die Ausführung von Linux-Containern, sodass Applikationen mit Logiken zur Datenaggregation lokal – also an der Maschine – ausgeführt werden können. Ausschlaggebend dafür, INSYS einzusetzen, war der hohe Sicherheitsstandard sowie die Unterstützung aller relevanten Schnittstellen. Die Entwicklung der digitalen Services selbst erfolgte mittels Apama EPL, einer Programmiersprache für eventbasierte Systeme, die sich hervorragend für Streaming Analytics eignet und eine Umsetzung mit wenig Aufwand ermöglicht. Cumulocity IoT sorgt dabei für die Plattform zur Prozessierung der mittels Apama EPL entwickelten Streaming-Anwendungen. Ergänzend wurden individuelle Widgets auf Basis der Frontend-Technologie Angular entwickelt, die die prozessierten Daten der Streaming-Anwendung geeignet darstellt.

Agile Projektumsetzung und partnerschaftliche Zusammenarbeit

Die Umsetzung des gesamten Projekts erfolgte mit der agilen Methodik Scrum sowie zweiwöchigen Sprints und dauerte weniger als fünf Monate. Grund für die reibungslose Umsetzung war unter anderem, dass jedes der beiden Partnerunternehmen seine besondere Expertise ins Projekt einbrachte. So etwa konnte Micro Automation Fachkenntnisse im Bereich der Operational Technology (OT) liefern, Novatec wiederum Expertenwissen auf dem Gebiet der Information Technology (IT). Auch Tobias Eicher, Systemtechniker Virtuelle Inbetriebnahme bei Micro Automation, äußerte sich zufrieden: „Die Digitalisierung unserer Prozesse und Produkte ermöglicht es unseren Kunden, aufs nächste Level zu kommen“, erklärte er. „Deshalb stellen wir genau diese Thematik mit all ihren Facetten ins Zentrum unserer Entwicklungsarbeit. Mit der Novatec haben wir ein Partnerunternehmen gefunden, das es uns erlaubt, digitale Dienste zum Nutzen unserer Kundschaft in hoher Geschwindigkeit zu entwickeln.“

Herausforderungen gemeinsam meistern

Ein wesentlicher Erfolgsfaktor des Projekts war die offene Kommunikation und lösungsorientierte Arbeitsweise beider Unternehmen. Derartig strategische Vorhaben leben vom guten und transparenten Miteinander und vom großen Interesse an der Thematik im ganzen Team. Auf dieser Basis ließen sich Herausforderungen und Ideen während der Projektphase gemeinsam und auf Augenhöhe diskutieren sowie daraufhin nachhaltige Ergebnisse schaffen. So etwa gelang es den beiden Projektpartnerunternehmen auch, Schwierigkeiten wie beispielsweise die korrekte Vorhersage einer notwendigen Wartung trotz verlorener Datenpakete gemeinsam zu lösen: Herausfordernd war dabei, dass die Applikationen in Gänze robust reagieren sollte – selbst, wenn einzelne Komponenten, etwa die Maschinensteuerung oder der Edge Gateway, kurzzeitig unsaubere oder womöglich keine Daten liefern. Dies ließ sich durch technische Logiken in der Umsetzung der Applikationen lösen. Hierbei definierten die Projektpartnerunternehmen, wie sich die Applikation verhalten soll, wenn unvorhergesehene Zustände eintreten und um ein robustes Verhalten zu gewährleisten.

Im Ergebnis digitale Services mit Mehrwert

Dank der realisierten digitalen IoT-Services kann Micro Automation heute ihren Anwendern neue Mehrwerte liefern. So etwa übernimmt einer der entwickelten Services die Aufgabe des eingangs erwähnten Condition Monitoring. Die im System abgebildeten Verschleißteile geben dem Anlagenbetreibenden dabei einen Überblick über deren Gesundheitszustand. Anhand der Live-Daten kann das Unternehmen dann entscheiden, wann ein Austausch der Komponenten fällig ist. Mehr noch: Der digitale Service ist sogar in der Lage, proaktiv optimale Wartungsintervalle vorzuschlagen. Die beiderseitige Lösungsorientierung und die hohe Priorität, die das Projekt beim Spezialmaschinenbau-Unternehmen besaß, sorgten dafür, dass das Ziel ‚Messe K‘ erreicht werden konnte. Gemeinsam präsentierten die Projektpartnerunternehmen die Dashboards, welche den Zustand der Maschine visualisierten, und die entwickelten digitalen Services: Sie demonstrierten den Messebesuchenden, wie das Maschinenbau-Unternehmen mit den Daten der Maschine in seinen Serviceprozessen arbeitet.

Zukunftsaussichten

Für die Zukunft sind weitere digitale Services geplant, beispielsweise ein ISO50001-konformes Energiemanagement. Ziel hierbei soll sein, den Energie- oder Druckluftverbrauch mittels der entwickelten Plattform zu erfassen und für die Anlagenbetreibenden transparent zu machen. Dies erlaubt es ihnen, Steigerungen im Verbrauch aufgrund von Leckagen oder erhöhter Reibung schnell zu erkennen. Auch eine Anomalie-Erkennung mithilfe von KI-Verfahren soll der Kunde der Micro Automation schon bald zu weiterem Mehrwert verhelfen. Weitere Informationen zu Condition Monitoring, den Vorteilen dieses Ansatzes, und weshalb er ein Türöffner für digitale Geschäftsmodelle im Manufacturing ist, hält dieses kostenfreie Whitepaper bereit: https://www.novatec-gmbh.de/condition-monitoring-whitepaper/.

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